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6.3.2011 von tono.
Ich habe verfügt, dass mir keine Schläuche in den Körper geschoben werden. Und zwar schon lange, bevor ich ernstlich erkrankte; danach habe ich meine Patientenverfügung erneuert. Jetzt komme ich (zwangsläufig, weil ich zuviel Zeit habe) ins Grübeln. Ich überlege, ob ich auch noch so denken werde, wenn es soweit ist, oder ob ich dann den rettenden Strohalm ergreife - bzw. den Schlauch, der mir dann das Atmen ermöglicht. Wenn ich mich richtig übel verschlucke und mir Essen die Luftröhre versperrt (mittlerweile passiert das mehr oder weniger regelmäßig), bin ich mir nicht mehr so sicher, ob ich richtig entschieden habe. Wenn ich dann wieder Luft bekomme und atmen kann, bin ich jedenfalls für jeden Atemzug dankbar - und ziemlich geteilter Meinung! Ich könnte die Situation mit der Wahl weniger „gefährlichen“ Essens entschärfen und z.B. auf Körnerbrötchen verzichten. Ich mag auch Haferflocken, Griesbrei und Joghurt - aber nicht als Hauptnahrungsmittel! Da kann man auch gleich alles in Kaffee eintunken. Darum spreche ich hiermit alle von jeglicher Mitschuld an meinem eventuellen Erstickungstod frei, und versichere, dass ich (in der Hinsicht) unbelehrbar bin. No risk, no fun…
Der Pflegecrew habe ich den Inhalt meiner Patientenverfügung detailliert dargelegt. Ich hatte jeden Punkt darin mit Vertrauten, Freunden oder mit meinem Arzt besprochen. Die Kurzform lautet schlicht: „Finger weg, lass dem natürlichen Verlauf seinen Gang“. Aber es ist eine Sache, etwas zu beschließen - und eine völlig andere, dazu zu stehen, wenn es soweit ist.
Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, dass ich mein „don’t touch“ Statement vehement und eisern verfechte, wenn meine Atemmuskeln ihren Dienst einstellen und ich wie ein Fisch auf dem Trockenen nach Luft schnappe. Leider rafft einen der Tod bei ALS nicht so gnadenlos schnell weg wie der bei einem Blitzschlag - aber schaun wir mal, was wird! Es dauert bei mir zwar alles etwas länger als prognostiziert (der Pünktlichste war ich nie), aber ich folge noch dem Verlauf. Insofern werde ich in diesem Jahr(-zehnt) an den Folgeschäden der Amyotrophen Lateralsklerose wie Atemlähmung oder anderem sterben, wenn bei mir auch weiter alles so läuft. Vielleicht verdurste ich aber vorher auch. Mein Arzt fragte mich unlängst, ob ich mir schon Gedanken darüber gemacht habe, was ich mache, wenn’s mit dem Trinken nicht mehr klappt. Berechtigte Frage, denn irgendwann klappt es mit dem Strohalm und meinem Lippenschluss nicht mehr!
Naja, auf das dünne Brett gehe ich erst, wenn es soweit ist…
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